Lehrpfad 5: Wer die Saat hat, hat das Sagen!

Im Projekt AckerWelten entwickelt finep gemeinsam mit landwirtschaftlichen Betrieben mehrere Lehrpfade. Diese zeigen am Beispiel verschiedener Nahrungsmittel das Zusammenspiel von lokaler und globaler Landwirtschaft auf und geben Tipps für einen nachhaltigen Nahrungsmittelkonsum.

Dieser Lehrpfad widmet sich dem Ursprung all unserer Lebensmittel: dem Saatgut. Er besteht aus drei interaktiven Stationen und ist dauerhaft im Erlebnis.Genuss.Zentrum des Freilichtmuseums Beuren installiert.

Saat macht satt!

AckerWelten Saatgut Bohnengrafik

Saatgut ist wie Wasser und Land Grundlage für die Ernährung von uns allen. Eine besonders große Bedeutung hat es in Ländern des Globalen Südens. Dort leben viele Kleinbäuer*innen hauptsächlich von dem, was sie selbst auf ihren Feldern anbauen. Anders als in Europa stellen sie ihr Saatgut überwiegend selbst her, indem sie einen Teil der Ernte als Saatgut zurückbehalten, um es in der nächsten Saison wieder auszusähen. In vielen bäuerlichen Gemeinschaften weltweit gilt Saatgut als etwas, für das alle sorgen: Es wird gemeinsam gepflegt, aufbewahrt und getauscht. Viele tausend Jahre lang war Saatgut frei und kostenlos zugänglich.

Wer die Saat hat, hat das Sagen!

Ackerwelten Bohnen Saatgut

Der freie Zugang zu Saatgut ist aber zunehmend durch wirtschaftliche und politische Interessen von Saatgutkonzernen und politischen Akteuren bedroht. In den vergangenen Jahren haben Zusammenschlüsse von globalen Saatgutkonzernen dazu geführt, dass die drei Konzerne Bayer/Monsanto, Syngenta und DowDuPont 60% des weltweiten Marktes für Saatgut beherrschen. Mit dem Argument möglichst viele Menschen satt zu machen, setzen Saatgutkonzerne auf wenige, gut verkäufliche Sorten – darunter auch Hybridsaatgut. Dieses im Labor gezüchtete Saatgut bringt anfangs höhere Erträge als traditionelles, samenfestes Saatgut. Allerdings lässt sich Hybridsaatgut nicht vermehren. Bäuer*innen müssen es also jedes Jahr neu kaufen. Hinzu kommt, dass es nur mit speziellen, teuren Düngemitteln und Pestiziden gut wächst. So steigen die Kosten für Bäuer*innen und sie geraten in eine Abhängigkeit von Saatgutkonzernen.

Internationale Sortenschutzgesetze geben zudem vor, welches Saatgut durch wen wie genutzt werden darf. Die Regelungen orientieren sich an den Bedürfnissen der Industrie. Sortenschutzgesetze geben vor, dass nur Saatgut genutzt werden darf, das strengen Kriterien entspricht und beispielsweise absolut gleichförmig sein muss. Das Saatgut von Kleinbäuer*innen entspricht diesen Kriterien meist nicht. Länder des Globalen Südens werden von internationalen Akteuren verstärkt dazu gedrängt, diese internationalen Sortenschutzgesetze bei sich umsetzen. Dabei wird Saatgut in Ländern des Globalen Südens meist nicht industriell hergestellt - in afrikanischen Ländern stammt bis zu 90 % des verwendeten Saatguts aus eigener Ernte der Erzeuger*innen. Kritiker*innen befürchten, dass dieser traditionelle Nachbau von Saatgut durch internationale Sortenschutzgesetze eingeschränkt oder sogar kriminalisiert werden soll.

Vielfalt für unsere Zukunft

AckerWelten Maiskörner Saatgut

Für den Erhalt biologischer Vielfalt spielt der Umgang mit Saatgut weltweit eine wichtige Rolle. Das beständige Sammeln und Züchten von Saatgut über Jahrtausende – insbesondere durch Kleinbäuer*innen - hat eine enorme Vielfalt an Nahrungspflanzen hervorgebracht. Viele Sorten sind an die klimatischen Verhältnisse vor Ort angepasst. Sie können auf sich verändernde Bedingungen flexibel reagieren. Eine wichtige Voraussetzung für den Umgang mit dem globalen Klimawandel und für Ernährungssicherheit weltweit.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist bereits 75% der landwirtschaftlichen Biodiversität zwischen 1900 und 2000 verloren gegangen. Im Supermarktregal liegen meist dieselben wenigen Gemüsesorten. In den USA gab es zum Beispiel einst 158 Blumenkohlsorten, heute sind es noch neun. Höchste Zeit sich für Vielfalt auf dem Feld und auf unseren Tellern einzusetzen!


Und was hat das jetzt mit uns als Konsument*innen zu tun?

  • Regional und saisonal genießen, um negative Klimawirkungen zu verringern und lokale Produzent*innen zu unterstützen. Zu jeder Jahreszeit gibt es leckeres Obst und Gemüse aus der Region. Saisonkalender geben einen Überblick.
  • Beim Einkauf auf das Ohne Gentechnik-Siegel achten oder Biolebensmittel kaufen.
  • Gefährdete Sorten anpflanzen und „Erhalter*in“ werden: z. B. kannst Du beim Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt online gefährdete Sorten kaufen. So kannst Du in deinem Garten oder auf deinem Balkon mithelfen, gefährdete Kulturpflanzen wieder zu vermehren. Auch bei Samentauschbörsen erhältst Du entsprechendes Saatgut.
  • Misch Dich ein und rede mit: Das breite Aktionsbündnis Wir haben es satt! organisiert jedes Jahr im Januar eine große Demo sowie ein Jugendfestival im Juni. Für gutes Essen, nachhaltige Landwirtschaft und gerechte Verteilung kommen bei beiden Veranstaltungen zehntausende Menschen zusammen.

Mehr zu diesem Thema:

  • Das Buch Saatgut – Wer die Saat hat, hat das Sagen (2016) von Anja Banzhaf gibt Einblick in die Geschichte und Entwicklung der Pflanzenzucht und schildert welche Wege Samengärtner*innen und Aktivist*innen finden, um Sortenvielfalt zu erhalten. Hier geht's zum kostenlosen Download  
  • 3sat-Dokumentation Der Kampf um die Saaten (2016): Zehn Milliarden Menschen müssen 2050 ernährt werden. Eine riesige Aufgabe und ein riesiges Geschäft. Die Dokumentation gibt einen guten Überblick, welche Rolle Saatgut dabei spielt.
  • Der Dokumentarfilm Unser Saatgut – Wir ernten, was wir säen (2016) beschäftigt sich kritisch mit dem Thema Saatgut weltweit.
  • Die WDR-Dokumentation Bayer und Monsanto: die Saat der Gier (2018) informiert über die Fusion der Konzerne Monsanto und Bayer, die beide im Saatgutgeschäft aktiv sind.
  • In der Broschüre Saatgut – Bedrohte Vielfalt im Spannungsfeld der Interessen (2014) zeigen ProSpecieRara und die EvB (Erklärung von Bern) auf, wie es um diese Vielfalt von Saatgut steht, was wir konkret tun, um diese zu erhalten und nachhaltig zu nutzen.
  • In der Broschüre Vielfalt säen – Freies Saatgut erhalten gibt Brot für die Welt einen Überblick über die Bedeutung von Saatgut im Globalen Süden und die Gefahren für den freien Zugang zu Saatgut.
  • Video Von Saatgut und Saatgutmultis über die Umweltaktivistin und promovierte Physikerin Vandana Shiva, die sich seit mehr als 20 Jahren für das Lebensrecht indischer Kleinbäuer*innen und die Erhaltung der Artenvielfalt engagiert.
  • Die indische Organisation Navdanya setzt sich für den Erhalt und das Wissen rund um traditionelles Saatgut ein und hat schon viele, lokale Saatgutbanken in Indien gegründet.


Mehr Informationen zum Projekt AckerWelten und den weiteren Lehrpfaden findest du hier.

Das Projekt wird gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und mit Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes.